Auf Deutsch heißen die Sustainable Development Goals UN-Nachhaltigkeitsziele. Die Ziele sind Teil der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von allen 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommen wurde, ist ein gemeinsames Konzept für Frieden und Wohlstand für die Menschen und den Planeten, jetzt und in Zukunft. Die SDGs traten dann 2016 für 15 Jahre in Kraft und werden von den Mitgliedsstaaten selbstständig umgesetzt. Unter Beteiligung von Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft wurde das Programm in einem dreijährigen Prozess erarbeitet. Die SDGs haben damit auch die 8 Millennium Development Goals abgelöst, deren Fokus vor allem auf der Lösung von sozialen Problemen vorwiegend im globalen Süden (damals noch Entwicklungsländer) lag.
In der Vorstellungskraft Podcast Folge 16 könnt ihr den folgenden Inhalt auch einfach anhören. Der vorliegende Artikel fasst die meisten Punkte textlich nochmal zusammen.
Verknüpfte Ziele für eine nachhaltige Entwicklung
Insgesamt gibt es 17 Nachhaltigkeitsziele, die von “keine Armut”, über “Geschlechtergerechtigkeit” bis hin zu “Leben an Land” sowie “Leben im Wasser” und “Klimaschutz” reichen. Jedes der Ziele hat mehrere Unterziele, insgesamt 169 Ziel-Vorgaben – um genau zu sein, anhand denen der Fortschritt der Ziele bemessen wird. “Alle Ziele sind dabei auf die eine oder andere Art verknüpft und können nur durch gemeinsame Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gelöst werden” (respact.at). Die Vereinten Nationen erkennen mit den Zielen zudem an, dass die Beendigung von Armut und anderen Entbehrungen Hand in Hand mit Strategien gehen muss, die Gesundheit und Bildung verbessern, Ungleichheit verringern und das Wirtschaftswachstum ankurbeln – und das alles bei gleichzeitiger Bekämpfung der Klimakrise und der Erhaltung unserer Ozeane und Wälder.
Koordination und Vernetzung
Heute bietet die Sektion für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (DSDG) in der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UNDESA) inhaltliche Unterstützung und Kapazitätsaufbau für die SDGs und die damit verbundenen thematischen Fragen, einschließlich Wasser, Energie, Klima, Ozeane, Urbanisierung, Verkehr, Wissenschaft und Technologie, den Globalen Bericht für nachhaltige Entwicklung (GSDR), Partnerschaften und kleine Inselentwicklungsstaaten. Die DSDG spielt eine Schlüsselrolle bei der Evaluierung der systemweiten Umsetzung der Agenda 2030 durch die Vereinten Nationen sowie bei der Interessenvertretung und der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit den SDGs. Um die Agenda 2030 Wirklichkeit werden zu lassen, muss die breite Zustimmung zu den SDGs in ein starkes Engagement aller Beteiligten für die Umsetzung der globalen Ziele münden. Die DSDG soll dazu beitragen, dieses Engagement zu fördern.
“In dem Sustainable Development Report (2020), der jährlich vom UN Sustainable Development Solutions Network in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung veröffentlicht wird, landet Österreich auf Platz 7 mit 80.7 von 100 möglichen Punkten im weltweiten Vergleich im Bezug auf Fortschritt und Umsetzung der SDGs (siehe Seite 120). Die Länder Schweden, Dänemark und Finnland besetzen die Top 3-Plätze. Aufholbedarf besteht in Österreich vor allem bei SDG 12 (Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster), SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz) und SDG 17 (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele). Die schwache Bewertung in den genannten SDGs kann auf den hohen Ausstoß von (direkten und indirekten) CO2 – Emissionen sowie Masse an E-Waste zurückgeführt werden. Zudem ist der noch immer bestehende, geschlechtsspezifische Lohnunterschied in Österreich hervorzuheben.”
respact.at
Daten fehlen – Umsetzung schreitet voran?
Access Info Europe schreibt dazu 2020, dass aufgrund der fehlenden Daten zu SDG 5 “Geschlechtergerechtigkeit”, es erschwert wird genau zu sagen, wie die Länder bezüglich eines Fortschritts in dem Bereich abschneiden. Access Info Europe findet dabei heraus, dass 36% der Daten zu SDG 5 in Österreich fehlen, zum Beispiel Daten zu Opfern von sexueller und physischer Gewalt.
AG Globale Verantwortung schreibt zudem, dass auch Daten im Bereich SDGs 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden), SDG 12 (Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster) und SDG 14 (Leben unter Wasser) fehlen. Hier zeigt sich auch, dass es keine einheitlichen Vorgaben für die Berichterstattung bezüglich der SDGs gibt und die Länder sehr unterschiedlich mit der Datenaufbereitung umgehen, was eine einheitliche Analyse erschwert.
Maßnahmen zum Klimaschutz – Bewältigung der Klimakrise?
Bezüglich des Ziels “Maßnahmen zum Klimaschutz” wird sich zeigen, ob die ökosoziale Steuerreform, hier etwas an der Zielerreichung verändern wird. Ganz klar ist aber, dass der festgelegte Einstiegs-Preis von 30€ pro Tonne CO2 viel zu niedrig angesetzt ist, um eine Lenkungswirkung zuhaben, die Klimaziele von Paris zu erreichen und unter dem 1,5 Grad Ziel zu bleiben.
„Ein Einstiegspreis von mindestens 50 Euro pro Tonne und ein rascher Anstieg auf über 100 Euro wäre das Minimum eines wirksamen Beitrags zum Klimaschutz gewesen“, mein Katharina Rogenhofer (auch zu hören in Folge 9), die Sprecherin des Klimavolksbegehrens. “Seit Jahrzehnten schreibt sich die Volkspartei die ökosoziale Marktwirtschaft auf ihre Fahnen, der geringe CO2-Preis zeugt jedoch von einem vollkommenen Unverständnis für Marktdynamiken und Lenkungseffekte vonseiten des Kanzlers und Finanzministers.” Mittlerweile fordern auch große Unternehmen eine Bepreisung von 60 bis 100 Euro. (Klimavolksbegehren PA vom 3.10.2021)
Das Klimavolksbegehren vermisst zudem das ausständige Klimaschutzgesetz und den Klimabürger*innenrat. “Hier dürfe die Regierung keine Abstriche machen, denn ohne ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz rücke die Erreichung der Klimaziele in weite Ferne, warnt Rogenhofer.”
Besonders hinsichtlich des Klima- und Umweltschutzes (SDGs 13, 14, 15) liegen allerdings alle Länder zurück und kein Land ist bis jetzt in den grünen Bereich (wird 2030 die Umsetzung erreichen) gekommen. Dies ist angesichts der drängenden Klimakrise nicht nur problematisch, sondern für zahlreiche Personen weltweit existenz- und lebensbedrohlich. Dass die Klimakrise auch im globalen Norden mittlerweile angekommen ist, ist aufgrund zahlreicher Wetterextreme, Hitzeperioden, aufheizender Städte, ausbleibender Ernten mittlerweile offensichtlich.
Ungleichheiten im Einkommen und im Wohlstand, sowie Lücken in Gesundheits- und Ausbildungssystemen bleiben weiterhin für alle Länder wichtige politische Herausforderungen (AG Globale Verantwortung). Die Pandemie hat dies vermutlich zudem noch verstärkt. Außerdem kann festgestellt werden, dass Konsum- oder Wirtschafts-Entscheidungen sich vor allem von Ländern des globalen Nordens auf Länder des globalen Südens auswirken. So verursacht zum Beispiel der übermäßige Fleischkonsum Regenwald Rodungen für Futtermittel im Amazonasgebiet.
Hier möchte ich auch auf das Crowdfunding zu einem Lieferkettengesetz hinweisen, dass ein wichtiger Hebel im Bezug auf transparentes und faires Wirtschaften sein kann: Unterstütze das Crowdfunding zum Lieferkettengesetz jetzt!
Und wie ist das in Österreich sonst so?
Das Vorantreiben der SDGs scheint in Österreich dem Bundeskanzleramt zugeordnet zu sein. Zumindest werden diese auf der Website des Bundeskanzleramtes als Fokus genannt. 2021 gab es dazu zum ersten Mal eine Veranstaltung: SDG Dialogforum Österreich: Building forward mit der Agenda 2030″ (Bundeskanzleramt.gv.at). Österreich bereitete zudem von Mai 2019 bis Mai 2020 seinen ersten Freiwilligen Nationalen Bericht zur Umsetzung der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) vor. Dieser wurde mittlerweile veröffentlicht und ist auf der Website des Bundeskanzleramtes einsehbar. In der Kurzzusammenfassung vermisse ich hier persönlich konkrete Maßnahmen und Pläne. Es werden meist sehr vage Aussagen getroffen. Das sieht auch der österreichische Rechnungshof Ende 2020 so. Es fehlt eine gesamtstaatliche Strategie zur Umsetzung. Im Moment findet in Österreich eine fragmentierte Umsetzung in einzelnen Ministerien statt, aber eine systematische Bearbeitung mit Einbeziehung des Parlaments und der Zivilgesellschaft fehlt. Zum Schluss, dass hochrangige politische Zusagen der gesamten Staatengemeinschaft bisher unerfüllt bleiben, kommt 2019 auch die AG Globale Verantwortung. Nur wenige Maßnahmen werden auch in konkreten Regierungsplänen und Budgets inkludiert.
Abschließend finde ich, dass die SDGs zwar ein wichtiges Signal der internationalen Gemeinschaft war, den Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung weltweit zu legen, es aber ähnlich zu anderen internationalen Abkommen in die Richtung zu gehen scheint, dass die selbstgesteckten Ziele nicht oder nur mangelhaft eingehalten werden können. Angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen wie der Klimakrise, dem 6. Massenaussterben und Artenverlust, der Biodiversitätskrise und auch der anhaltenden internationalen kriegerischen Auseinandersetzungen und der Corona-Pandemie ist die internationale Gemeinschaft angehalten die großen Probleme mit einem mutigen Handeln und klaren Maßnahmen und Plänen zu begegnen. Für Scheinlösungen, lasche Vereinbarungen und Floskeln ist es zu spät.
Dazu möchte ich aber auch noch sagen, dass nicht nur die Politik begonnen hat die SDGs zu verankern. Wie im Gespräch mit Fanny herauskommt sind auch Unternehmen und die Zivilgesellschaft fähig schritte im Sinner der SDGS zu setzen. Letztendlich braucht es alle an Bord, um die Kurve zu kratzen.
Ziele der Agenda 2030
- 1. Armut in allen ihren Formen und überall beenden
- 2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
- 3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
- 4. Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern
- 5. Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen
- 6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten
- 7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern
- 8. Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern
- 9. Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
- 10. Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern
- 11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
- 12. Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen
- 13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen
- 14. Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen
- 15. Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen
- 16. Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
- 17. Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen
Weiterführende Infos:
Website des BundeskanzleramtesSustainable Development Report (2020)
Folge 9 vom Vorstellungskraft Podcast mit Katharina Rogenhofer
Quellen:
https://www.respact.at/site/de/themen/sdgs
https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030.html
https://www.access-info.org/2020-03-27/opening-up-sdg5-gender-equality/
https://klimavolksbegehren.at/wp-content/uploads/2021/10/PA_Klimasprechstunde-2.pdf
Fotos:
SDG Logos – Vereinte Nationen
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