Wer mag es nicht, dieses Gefühl? Den Duft von Meerwasser in der Nase, die heiße Sonne auf dem Rücken, die Füße in weißen Sand gegraben und im Hintergrund die sanften Schwingen wedelnder Palmen. Es muss wohl der Gedanke an dieses Gefühl gewesen sein, der mich im Bioladen nach der Kokosnuss greifen ließ.
Sie war klein, rund und ich hoffte einfach mal, dass sie auch reif war.
Zuhause angekommen stellte ich sie etwas ratlos in der Küche ab.
Ich hatte sie, aber wusste nichts über sie! Wie knackt man eine Kokosnuss und was wollte ich dann überhaupt mit ihr machen?
Google lieferte mir hier, wie so oft, die Lösung. Ich legte mir also kurzentschlossen alles zurecht, was man laut Anleitung zur Bearbeitung der Nuss brauchte: Schraubenzieher, Hammer, Glas und Messer, schaltete mir feierliche Musik an und begann zwei Löcher, an der Seite, wo die Nuss 3 dunkle Abdrücke hat, zu bohren. Durch das eine Loch sollte man nun das Kokoswasser abgießen, das andere diente als Luftloch. Die Schrauberei dauerte eine ganze Weile und das abgießen des Wassers noch länger. Tropfen für Tropfen plätscherte das Wasser, wie es mir vorkam, in Zeitlupe in das Glas. Als es aufhörte, hatte sich ungefähr ein Schluck gesammelt. Erleichtert darüber, diesen Schritt überstanden zu haben, ging ich zum nächsten Manöver über: dem eigentlichen Knacken der Nuss, denn ich wollte ja an das weiße Fleisch kommen! Hierzu sollte ich mit dem Hammer entlang des „Äquators“ mindestens 3 Runden auf die Nuss hämmern! Zu diesem Zeitpunkt war ich froh, dass niemand in der Wohnung war, den ich hätte aufwecken können. Man könnte das natürlich auch genau planen und als Wecker für Familie, Mitbewohner, Nachbarn, … verwenden. Als Belohnung fürs Aufwachen kann man dann gleich mit frischem Kokosfleisch die Gemüter beschwichtigen! Ich hatte nun also rumorös meine vergrabenen Unzufriedenheiten in die Nuss geklöppelt und brachte es nun tatsächlich ganz einfach fertig sie auseinanderzunehmen. Es präsentierten sich mir zwei bilderbuchreife Kokoshälften. Überwältigt stand ich vor meinem Erfolg.
Und ganz plötzlich kam eine ungeheure Experimentierfreude über mich. Ich würde dieser Kokosnuss nicht nur einfach das Fruchtfleisch entnehmen. Nein! Ich würde alles, was möglich war, aus ihr herausnehmen. Mein erstes Projekt hierbei: Selbstgemachte Kokosmilch! Ob das wohl ging? Frische Kokosmilch, ohne Verpackung, ohne Zusätze und ohne Stücke? Ich präparierte mich mit meiner Küchenmaschine, schmiss die herausgetrennten, zerkleinerten Kokosstücke hinein, überschwemmte das Ganze mit Wasser und ließ das Gerät alles zu einer Masse zerstückeln. Die Kokosschalen hatte ich zur Seite gestellt, falls ich später noch etwas mit ihnen machen wollte.
Die milchige Masse, die ich nun hatte ließ sich selbstverständlich noch längst nicht mit der gekauften Kokosmilch vergleichen, ich musste sie filtern. Da mein Sieb in der WG gerade auf wundersame Weise verschwunden war, musste ich auf andere Mittel zurückgreifen: die French Press Kaffeemaschine! Kennt ihr die? Man füllt Kaffee hinein und drückt diesen dann hinunter? Es war die perfekte Idee und funktionierte fantastisch! Ein Glas, rein weiß und so frisch, wie es nur geht stand triumphal auf meinem Esstisch! Je nach Geschmack sollte man diese frische Milch dann noch mit Wasser verdünnen und eventuell mit Dattel, Agavendicksaft oder einem anderen Süßungsmittel versüßen, ODER: man bearbeitet das ganze gleich noch weiter. Mit zwei TL Johannisbrotkernmehl kann man ganz schnell einen Kokospudding zaubern, den man mit Zimt und Kakao oder mit Früchten unterziehen kann!
Die Milch hatte ich nun also verarbeitet, übrig blieben mir das Püree aus der Maschine, eigentlich waren es richtige Kokosflocken, ein Teil davon war so gut passiert worden, dass es schon zu Kokosöl geworden war. Ich trennte also diese beiden Teile: frisches Kokosöl und Kokosflocken und beschloss daraus Kokosmakronen zu machen! Ich heizte also den Backofen auf 180° vor, schmierte das Backblech mit dem frischen Kokosöl ein, um kein Backpapier zu verwenden, schmiss die Kokosflockenmasse in eine Schüssel und überlegte, womit ich sie süßen sollte. Zufällig hatte ich eine Ananas im Haus und das schien mir die perfekte Kombination für meine Tropen-feeling-Bällchen zu sein. Ich entfernte also die Schale der Ananas, schnitt sie in Ringe und entfernte den Mittelstiel.
Zwei der Ringe überließ ich dann wieder der Küchenmaschine, den Rest gab ich in den Kühlschrank. Die passierte Ananasmasse mischte ich dann mit zwei TL Chiasamen (um die Masse zu binden) unter die Kokosflocken und begann Bällchen zu formen. Da sich die Masse sehr nass in meinen Händen anfühlte quetschte ich sie immer noch ein bisschen aus und drückte dann so lange an den Kugeln herum, bis sie eine einheitliche Form hatten. Insgesamt ergaben sich so 10 Kokosbällchen, die ich dann für ca. 15 Minuten in das Backrohr gab. Das Ergebnis war wunderbar. Wer das Ganze noch etwas veredeln möchte könnte in die Mitte der Masse eine Haselnuss geben und das Ganze noch mit dunkler Schokolade überziehen.
Durch das Formen der Bällchen hatte ich wieder einigen Saft in der Schüssel übrig, den ich wieder in meine French Press gab, filterte und nun einen Kokos-Ananas-Saft hatte.
Vom Fleisch der Kokosnuss hatte ich nun wirklich alles verwendet! Übrig blieben mir nur die beiden Schalen, die mir absolut zu hübsch zum Wegwerfen waren!
Nach einigem Rumkramen fand ich etwas Schleifpapier in meinem Zimmer und machte mich daran, die haarige Außenseite und danach die Innenseite abzuschleifen, bis sich beides seidenweich und glatt anfühlte. Kurze Zeit später lagen zwei Kokosschüsseln vor mir, die eine allerdings mit zwei Löchern. Ich beschloss diese für meine Hausschlüssel zu verwenden und die andere als Servierschale für meine selbstgemachten Kokosmakronen.
Vollkommen frisch, absolut zero waste und ohne Zucker! Der Aufwand hatte sich gelohnt! Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und betrachtete selig mein Werk. Als ich die Augen schloss roch ich salzige Meerluft und tropische Früchte, hörte die Schreie von Südseevögeln und spürte die Wärme der Sonne. Es fühlte sich gut an im Urlaub zu sein!
Bon Appetit und schöne Träume!
Wünscht euch eure
Aradetti
Aradetti ist 22 Jahre alt, Studentin (um einen Brotjob zu haben), Naturliebhaberin und im Herzen Künstlerin. In ihrem Alltag begleiten sie immer ein Skizzenblock, eine Füll- und eine Tuschefeder, ein Notizbuch, ihr Fahrrad und hin und wieder ihre Kamera. Mehr Inhalte von “Aradetti” findet ihr auf Instagram!