Als ich Neujahr 2018 mit meinen Jahresexperimenten beschlossen habe, 2019 einen alkoholfreien Monat machen zu wollen, hatte ich noch keine Ahnung, wie lange ich tatsächlich nichts mehr trinken und welche Auswirkungen diese Entscheidung haben würde. Im Juli 2019 habe ich begonnen immer weniger Alkohol zu trinken, um mich auf meinen komplett alkoholfreien Monat August einzustellen. Ich habe schnell gemerkt, dass ich mich ohne Alkohol wohler fühle. Ich habe deswegen, mit ca. 5-6 Ausnahmen zu speziellen Anlässen, seit August 2019 keine alkoholischen Getränke mehr konsumiert. Mir ist dadurch Einiges klargeworden:
Fragen
Wenn man keinen Alkohol trinkt, werden einem immer wieder Fragen dazu gestellt. Zum Beispiel: „Warum trinkst du nicht mehr?“, „Bist du etwas schwanger?“, „Hattest du ein Problem mit Alkohol?“. Meine Antworten „Weil ich es einfach mal ausprobieren wollte“, „Nein“ und „Nein“ haben unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Manche Menschen haben meine Entscheidung gelobt, ihre Bewunderung ausgedrückt oder gesagt, dass sie das auch gerne mal ausprobieren wollen. Andere haben gemeint, ach, ein Gläschen ist doch nicht so schlimm und sie würden selbst eigentlich e nicht so viel trinken. DariaDaria hat genau zu dem Thema auch letztens einen tollen Podcast mit der Autorin Ruby Warrington veröffentlicht.
Außergewöhnlich
Keinen Alkohol zu trinken, ist in Österreich nicht die Norm. Es ist etwas Besonderes und sticht hervor. Manchmal wollte ich nicht herausstechen und habe dann gezielt alkoholfreies Bier getrunken, um auch eine alkoholartige Flasche in der Hand zu haben und nicht schon wieder erklären zu müssen, warum ich nicht trinke. Mittlerweile wissen viele Freund*innen, dass ich nichts trinken möchte und die Aufregung hat sich gelegt, aber bei jede*r neuen Person, ist mein Verzicht etwas besonders. Dass ich das einfach so mache, weil ich es will und nicht, weil ich ein Alkoholproblem habe, schwanger bin oder nichts trinken darf, ist hier das Spektakuläre. Denn sich einfach gegen Alkohol zu entscheiden, erfordert in einer Struktur, wo Alkohol als gesellschaftliches Mittel verwendet wird, Mut und Selbstwirksamkeit.
Achtsamkeit
Ich finde es spannend, dass durch das Nicht-Konsumieren, meine Achtsamkeit auf mich und meine Bedürfnisse gewachsen sind. Ich gehe mittlerweile bei Veranstaltungen und Partys dann nach Hause, wenn ich keine Lust mehr habe und bleibe, wenn ich mich gerade wohl fühle. Früher hätte ich etwas getrunken und mich so motiviert noch auszuharren. Heute höre ich auf mich und meinen Körper. Andererseits habe ich viel öfter wirklich ehrlich Spaß bei Veranstaltungen, weil ich Moment der Freude, Zuneigung und des Miteinanders viel mehr genießen kann und ganz authentisch mitfeiere. Ich habe gelernt, dass ich auch ohne Alkohol lustig, kindisch, aufgedreht, enthusiastisch sein kann. Eigentlich selbstverständlich, aber lange habe ich das nicht so ausgelebt. Alkohol war außerdem früher ein Mittel zur Ablenkung von Themen. Nun muss ich mich auch mit negativen Emotionen stärker auseinandersetzen, sie bewusst wahrnehmen und kann sie nicht im Alkohol ertränken.
Normalität
Nach mehr als einem Jahr ist keinen Alkohol zu konsumieren für mich zur Normalität geworden und ich kann mir nicht vorstellen wieder wirklich anzufangen. Der Kater am nächsten Tag, das dumpfe Gefühl währenddessen und im Nachhinein und die Überkompensation durch Alkohol sind es mir nicht wert. Ich finde es sogar mittlerweile erschreckend wie normal Alkohol in unserer Gesellschaft ist und wie viele Menschen ihren Konsum einer abhängig machenden Droge verteidigen oder sogar hochhalten. Wenn man im Gegensatz dazu mit dem Rauchen aufhört, wird man gelobt. Bei Alkohol bekommt man häufig stattdessen irritierte Blicke. Eigentlich ziemlich komisch, oder?
Übung: Wenn ihr auch einmal ausprobieren wollt, wie es euch ohne Alkohol geht, kann ich euch sehr einen Monat als Probe empfehlen. Setzt euch einen Zeitrahmen und tastet euch davor langsam ran indem ihr immer mehr auf Alkohol verzichtet, dann fällt der erste Monat ganz ohne nicht so schwer. Lasst mich wissen, wie es euch dabei gegangen ist. Generell bin ich nicht super streng mit mir und das müsst ihr auch nicht sein. Wenn ich Lust auf Alkohol habe, dann trinke ich auch etwas, aber seit dem Beginn des Experimentes hatte ich dann eigentlich kaum mehr Lust auf Alkohol und es gibt ja auch gute alkoholfreie Alternativen, zum Beispiel Weißbier 😉 oder Anti-Alkoholische Cocktails.
Alles Liebe,
Eure Marolena 🙂